TEILEN
Ausbildung in der Eifel
Ausbildung in der Eifel: Von 660 Stellen sind 210 unbesetzt

Glanzpunkt Eifel im Gespräch mit Karl-Josef Laumann, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen

Glanzpunkt Eifel: Der Kreis Euskirchen ist ein sehr dezentraler Kreis, welche Nachteile hat das für den Ausbildungsmarkt?

Karl-Josef Laumann: Dezentralität ist nicht zwingend ein Nachteil für den Ausbildungsmarkt, wenn die Wirtschaft ausreichend Ausbildungsplätze bereitstellt. In Flächenbezirken mit größeren Entfernungen sind Jugendliche natürlich grundsätzlich stärker gefordert, was ihre Mobilität angeht. Aber auch die Betriebe müssen sich darauf einrichten, dass die jungen Menschen längere Wegstrecken zum Ausbildungsbetrieb und in die Berufsschule in Kauf nehmen. Die Betriebe sollten hier Unterstützung anbieten oder auch kulanter sein, wenn zum Beispiel einmal der Bus Verspätung hat.

Glanzpunkt Eifel: Von 660 Ausbildungsstellen im laufenden Ausbildungsjahr im Kreis Euskirchen sind noch 210 Stellen unbesetzt, wie erklären Sie sich das?

Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen
Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen

Laumann: Ich kenne die Gründe für die Entwicklung im Kreis Euskirchen jetzt nicht im Detail. Aber dass Angebot und Nachfrage nicht eins zu eins zusammenpassen, liegt oft auch an den unterschiedlichen Wünschen der Bewerberinnen und Bewerber und dem nicht immer passenden lokalen Angebot. Ein Schüler mit Abitur und dem Wunsch, Bankkaufmann zu werden, nimmt unter Umständen nicht die Ausbildung im benachbarten Metallbetrieb auf, sondern sucht weiter nach seinem Wunschausbildungsplatz. Ebenso suchen Betriebe oft den für sie selbst optimal passenden Bewerber und machen noch immer wenig Abstriche vom Anforderungsprofil.

Glanzpunkt Eifel: Was wird getan, um dieses doch noch beachtliche Loch zu schließen? Mit 1.389 Bewerbern im laufenden Ausbildungsjahr im Kreis Euskirchen gibt es ja einiges an Potenzial?

Laumann: Erste Anlaufstelle für alle an einer Ausbildung interessierten Jugendlichen sind sicherlich die Berufsberatungen der Arbeitsagentur und die Kammern. Diese arbeiten ganz aktiv daran, Jugendliche und Betriebe zusammenzubringen und auch alternative Ausbildungsangebote zu machen. Mit der Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ unterstützt die Landesregierung sehr aktiv die Studien- und Berufsorientierung aller Schülerinnen und Schüler. Wir wollen damit insbesondere auch auf das lokale Angebot, die Potenziale einer Berufsausbildung und die guten Karrierechancen beispielsweise im Handwerk aufmerksam machen. Durch eine solche gute Berufsorientierung gelingt es jungen Menschen aus meiner Sicht immer besser, gefestigte und realistische Berufswünsche zu entwickeln und auch alternative Berufsbilder in den Blick zu nehmen. Darüber hinaus stellen wir landesweit jährlich rund zwei Millionen Euro für das Projekt „Starthelfende“ zur Verfügung. Bei Kammern und anderen Wirtschaftsorganisationen angestellte Berater vermitteln dabei Jugendliche, die Schwierigkeiten haben, selbstständig eine Ausbildungsstelle zu finden.

Glanzpunkt Eifel: Freie Lehrstellen gibt es, so informiert die Agentur für Arbeit, im Kreis Euskirchen eher in den klassischen Berufen wie Bäcker oder Friseur, wird da speziell etwas unternommen, um diese Lehrstellen den jungen Menschen schmackhaft zu machen?

Laumann: Es trifft sicher zu, dass Rahmenbedingungen wie die Arbeitszeiten eines Bäckers zunächst nicht jedem Jugendlichen attraktiv erscheinen. Aber hier haben es die Betriebe selbst in der Hand, junge Menschen von sich zu überzeugen. Gerade hier kann ein Praktikum sicher gut vermitteln, dass ein solcher solider Handwerksberuf viele interessante Seiten und Herausforderungen hat, die es lohnen, hier einzusteigen. Insbesondere Branchen, denen es zunehmend schwerer gelingt, junge Menschen für eine Ausbildung zu gewinnen, können sich besonders gut positionieren und von sich überzeugen, wenn sie sich an den betrieblichen Praxisphasen der Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ beteiligen. ●

Fotos: Ralph Sondermann

TEILEN