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Der Rheinische Verein für Katholische Arbeiterkolonien e.V. „Clemens-Josef-Haus“ wie die Einrichtung eigentlich heißt, beherbergt Menschen, die durch widrige Umstände in Alkoholsucht, Wohnungslosigkeit, Arbeitslosigkeit, Überschuldung o.ä. abgeglitten sind. Unter dem Leitgedanken „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“ finden diese Menschen auf dem Vellerhof Hilfe durch therapeutische Betreuung und ein Zuhause fern ab der „Straße“. Auf dem ehemaligen Gutshof des Grafen zu Blankenheim entstand über die Jahre inmitten eines Naturschutzgebietes mit üppigen Waldflächen ein dorfähnliches Anwesen mit historischen und neuen Gebäuden. Das Altenwohnheim und das Obdachlosenheim, eigene Kapelle, Cafe und Hofladen verstehen sich als moderner Schutzraum für die Bewohner. Im Altenwohn- und Pflegeheim sind 85 Plätze vorhanden, in der stationären Wohnungslosen- und Gefährdeten-Hilfe 100 Plätze – mit überwiegender Unterbringung in Einzelzimmern. Jeweils zwei Bewohner teilen sich ein Badezimmer, und für jeweils acht Belegungen gibt es einen eigenen Gruppenraum mit Fernseher. Das Altenheim wird finanziert über die derzeit gültigen Pflegesätze, die Wohnungslosenhilfe nach Durchführungsverordnung des Landschaftsverbandes.
„Unter dem Leitspruch ‚Wohnen – Leben – Arbeiten‘ zieht sich das Klientel der Bewohner durch alle Gesellschaftsschichten, vom Hilfsarbeiter bis zum Akademiker“, berichtet Werner Hoff, Geschäftsführer der Einrichtung. „Leider werden die Bewohner im Obdachlosenheim – zu fast 90 Prozent Alkoholkranke –
immer jünger, auch weit unter 30-Jährige sind dort vertreten.“ Für dieses Klientel versteht sich der Vellerhof als „nasse“ Einrichtung: ein Konzept des selbstkontrollierten Trinkens nach Prof. Joachim Körkel aus Heidelberg. Über ein Trinktagebuch wird der Alkoholkonsum dokumentiert und wöchentlich im Austausch mit dem Sozialdienst erörtert. Bei alledem steht aber der Wille des Bewohners im Vordergrund.veller-hof-_schlossereiNeben den pflegerischen Maßnahmen bietet der Vellerhof ein vielseitiges Beschäftigungsfeld. Es besteht aber keine Arbeitspflicht. In 15 verschiedenen Arbeitsbereichen wie z.B. Hauswirtschaft mit Wäscherei, Verwaltung, Schlosserei und Schreinerei, Brennholzabteilung und Hausreinigung können sich die Bewohner engagieren. Einen großen Anteil am Konzept des Vellerhofs hat auch die Landwirtschaft. Hier werden ca. 210 Hektar bearbeitet und 160 Milchkühe versorgt. Über Milchgeld, Getreideverkauf und Gülle für die eigene Biogasanlage ist dieser Bereich ein sich selbst tragender Teil der Einrichtung. Durch den eigenen Job ergibt sich eine Tagesstruktur für den Bewohner. Er verabschiedet sich – wie im normalen Arbeitsleben – von seinen Mitbewohnern mit „Ich gehe zur Arbeit“ und von der Arbeit „Ich gehe nach Hause“, obwohl sein Zimmer nur einige Meter entfernt von der Arbeitsstätte ist. Die Arbeit wird über eine Arbeitsprämie entlohnt.veller-hof-_landwirtschaftLutz Poweleit (60) ist seit 2006 Bewohner im Vellerhof und arbeitet seit sieben Jahren in der Schreinerei unter der Leitung von Armin Pütz. „Ich fühle mich sehr wohl bei der Arbeit, Beschäftigung ist für mich ein Muss“, sagt er und arbeitet weiter an einem Vogelhäuschen für den bevorstehenden Basar. Neben allen erforderlichen Holzinstandsetzungen im „Dorf“ erledigt die Schreinerei auch Aufträge außerhalb der Einrichtung. „Wir haben in den letzten 20 Jahren die Budenaufstellung auf dem Weihnachtsmarkt in Euskirchen durchgeführt und erstellen diese Aufbauten auch auf Märkten in Gerolstein, Barweiler, Schleiden und an der Ahr in Antweiler“, beschreibt Armin Pütz die Außendienste. Unter dem Leiter der Schlosserei, Hermann-Josef Klinkhammer, arbeitet Michael de Neef bereits seit vier Jahren. „Ich war Industriekaufmann und habe jetzt umgeschult. Ich arbeite gerne mit Metall und Eisen“, erzählt er von seinen neu entdeckten Fähigkeiten. Verwalter in der Landwirtschaft und für die Biogasanlage ist Stefan Pickert. Dort werden sieben bis acht Bewohner täglich arbeitstherapeutisch betreut. Einer davon ist Gerd Schütz (78), früherer Knecht auf einem Pferdehof, seit 18 Jahren Bewohner und nun eigentlich Rentner. Er kommt jeden Tag zur Fütterung und Pflege der Kühe und Kälber. Für ihn wäre es eine Bestrafung, wenn er dieser Tätigkeit nicht mehr nachkommen dürfte. Auch der Hofladen erfreut sich großer Beliebtheit bei den Bewohnern und Besuchern. „Hier herrscht ein friedliches Einkaufen und ein geduldiges Anstellen, wenn es einmal eng wird“, erklärt die Angestellte Carmen Oelliger. „Eine Kollegin von mir erhielt 20 Jahre lang täglich einen lautstark vorgetragenen Heiratsantrag von einem jetzt verstorbenen Bewohner“, erzählt sie eine Anekdote aus dem „Dorf“.veller-hof-_steh-und-sitztischeDer Vellerhof bietet seinen Bewohnern auch ein reichhaltiges Freizeitangebot mit Schwimmen, Schach, Fußball und anderen Sportarten, Theaterbesuchen in der Region und Vieles mehr. Die Nutzung dieser Angebote hilft den Bewohnern, ihren Tagesablauf wieder mit sinnvollen Strukturen zu füllen.
Insgesamt ermöglicht das vielseitige, individuelle Pflege- und Betreuungsangebot den Bewohnern, sich neu zu orientieren, persönliche Perspektiven zu erarbeiten und damit auch das Selbstwertgefühl zu erneuern. Ziel der Resozialisierung ist, die Kompetenzen der Bewohner zu reaktivieren, sie wieder in eine eigene Wohnung zu bringen und sie letzendlich in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Letzteres gestaltet sich leider als äußerst schwierig.
Der Verbleib im Wohnungslosenheim kann über die üblichen 18 Monate Verweilzeit hinausgehen, wenn sich Verbesserungen durch Langzeithilfe abzeichnen, die den Betroffenen wieder zu einem selbstständigen Menschen machen und zu einem eigenständigen Leben führen.veller-hof-_luftaufnahmeLernen Sie den Vellerhof kennen, lassen Sie sich durchs Dorf
führen, und besuchen Sie den

Vellerhof-Basar
am Samstag / Sonntag
den 12. / 13. November 2016

Clemens-Josef-Haus
Vellerhof 1, 53945 Blankenheim
Tel. 02697 | 9100-0

Fotos & Text: Glanzpunkt Eifel-Mitarbeiter Peter Meurer
Luftaufnahme: Archiv Vellerhof

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