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In der Eifel entspringt ein Fluss: Fliegenfischen ist nicht nur in den Vereinigten Staaten möglich –  auch in der Urft wird die Rute ausgeworfen

Tosen, als ob ein Gebirgsbach in einen Wasserfall übergeht. Klar glitzerndes Wasser über dunklem Eifel-Gestein. Der Luftzug eines vorbeihuschenden Eisvogels. Die frische Luft an einem lauen Spätsommertag. Beim Fliegenfischen lässt sich ganz ohne Hektik die Natur mit allen Sinnen erleben. Sie kennen Fliegenfischen gar nicht? Doch, ganz sicher! In Robert Redfords Film „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“ von 1992 ist das Fliegenfischen die gemeinsame Leidenschaft zweier ungleicher Brüder und ihres Vaters. Und Fliegenfischen ist eben nicht nur in Montana, USA, möglich, sondern auch in der Eifel.

Wir befinden uns unterhalb des großen Poensgenwehrs in Gemünd in der Urft. IN der Urft? Ja, Fliegenfischer – und wenige Fliegenfischerinnen – sitzen nicht am Rand des Gewässers oder in einem Boot und warten ab. Sie begegnen der Beute sozusagen proaktiv in deren Element, dem Wasser. Plötzlich macht sich bei Theo Fürsich, Vorstandsmitglied im Fischereiverein Gemünd 1960 e.V, Unruhe breit: „Da steigt eine!“ Aus dem Augenwinkel – oder mit einem speziellen Fliegenfischer-Sinn – hat er frische kreisförmige Wellen in der Wasseroberfläche ausgemacht. „Eine“ ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine Forelle, Äsche oder ein Saibling, denn hauptsächlich diese Salmoniden leben in der Urft.

Fliegenfischen_Saibling_Urft

Aus dem Urftsee gesellen sich auch schon mal Barsche oder Hechte hinzu. Als Raubfische sind sie aber nicht besonders willkommen, ebenso wenig wie der Kormoran, der die Fischbestände bedroht. Einmal im Jahr sorgt der Verein für neuen Besatz – allein die Fortpflanzung der Fische reicht nicht aus, um die Bestände zu erhalten. Der Verein kümmert sich zudem um die Säuberung des von ihm gepachteten Flussabschnitts. Respekt vor der Natur ist eins der Fliegenfischer-Gebote.

So können Fliegenfischer natürlich nicht unentgeltlich pausenlos den Fischen auf die Schuppen rücken. Die Saison dauert vom 1. April bis 20. Oktober, der Rest des Jahres ist Schonzeit im Fluss. Wer einen Tageserlaubnisschein für 10 bis 25 Euro oder einen Jahreserlaubnisschein für 200 Euro erworben hat, darf höchstens zwei Fische ab einer Länge von 30 cm pro Tag „entnehmen“, was soviel heißt wie waidgerecht töten und für die Pfanne mit nach Hause nehmen. Es geht aber gar nicht unbedingt darum, fette Beute zu machen.

„Der Fisch muss überlistet werden“, erklärt Fürsich. „Das ist die Herausforderung.“ Und da kommt die namensgebende Fliege ins Spiel. Mit allerlei zusammengebundenen Materialien wie Wollfäden, Federn und Fellresten werden Gestalt und Färbung der im und am Fluss lebenden Insekten nachgeahmt. Dazu muss man eigentlich die Insektenwelt am Fluss je nach Jahreszeit studieren, beim Mitfliegenfischer, der sich schon auskennt. „Abgucken ist aber auch erlaubt“, sagt Fürsich schmunzelnd.

Fliegenfischen_Köder_Urft

Besonders Geschickte binden die Fliegen in abendfüllender Arbeit während der Schonzeit selbst. Für alle anderen bietet der Fachhandel ein großes Fliegen-Sortiment und jede Menge anderer Ausrüstung wie Ruten, Rolle, Schüre, Watstiefel, Wathose,  etc. pp. Ist die Fliegenbinderei schon eine eigene Wissenschaft, so ist es der Fliegenwurf erst recht. Da die Technik von Basis-, Roll-, Bogen- oder Distanzwurf gar nicht so einfach ist und die Gefahr besteht, dass sich Anfänger heillos in ihrer Schnur verheddern, bietet der Fischereiverein natürlich Übungskurse an. Schließlich schmeckt kein Fisch so gut wie ein selbst gefangener, frisch zubereitet, auch wenn er höchstwahrscheinlich nicht das Prachtexemplar des Tages war.  Denn, so sagt Fürsich: „Die schönsten entwischen eh.“

Text: Claudia Träger, Fotos: Ralph Sondermann

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