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Ein tiefer Blick in die dunkle und unglückselige Geschichte einer der wenigen übrig gebliebenen Eifeler Höhenburgen: der Wildenburg

Wenn heute Wanderer auf der Burgenroute, Hotel- und Restaurantgäste oder Gottesdienstbesucher in den malerischen Hellenthaler Ortsteil Wildenburg kommen, ahnen sie wahrscheinlich nichts vom schaurigsten Kapitel der Burganlage, die im tiefsten finsteren Mittelalter, nämlich zwischen 1202 und 1235 erbaut wurde. An der Südwestecke der Wildenburg, einer der wenigen Eifeler Höhenburgen, die nicht durch Kriege oder Abriss zerstört worden sind, haben sich aussichtslose Kämpfe um Leben und Tod abgespielt.

Wildenburg_Skelett_Grusel

In den bis zu 4,40 Metern dicken Mauern des sogenannten Hexenturms, der im Wesentlichen als Geschützturm diente, wurden während des Hexenprozesses von 1628 insgesamt 75 der Hexerei Verdächtige festgehalten. Die beiden kreisrunden, fensterlosen Kuppelräume der beiden unteren Geschosse dienten als Gefängnis. Der Raum im zweiten Geschoss ist immer noch durch eine bis heute erhaltene gotische Tür vom unteren Burghof aus zugänglich und hat eine kleine Nebenkammer, die vermutlich ebenfalls als Gefängnis genutzt wurde. Um ganz sicher zu gehen, dass niemand entkam, wurden manche der Häftlinge vom Gefängnisraum durch das „Angstloch“ – warum sich die vergitterte Luke diesen Namen eingehandelt hat, dürfte jedem Besucher klar sein – in das fünf Meter tiefe Verlies hinabgelassen. Das war sicherer als jede moderne Schließanlage mit Überwachungskamera und echt gruselig!

Wildenburg_Ausblick_Fenster
Zwölf Frauen und vier Männer fanden nach oder auch schon während dem unerquicklichen Aufenthalt bei Wasser und Brot den Tod. Unklar ist, ob sie erst stranguliert und dann verbrannt oder bei lebendigem Leib in den Flammen eines Scheiterhaufens umkamen. Tod durch Strangulation ist zwar nicht schön, aber immerhin nicht so qualvoll wie der Feuertod. Verbrannt wurden die Unglücklichen auf abgelegenen Scheiterhaufen als Abschreckung und gleichzeitig großes Spektakel unter den Augen des Volkes, und ihre Überreste am Rande des Friedhofs vergraben. Da hatte ein Mann aus Hecken mehr Glück, der als Schöffe bei Gericht gewisse Privilegien genoss, deswegen „schonend“ geköpft und sogar auf dem Friedhof in Kreuzberg beerdigt wurde. Diese Sonderbehandlung sickerte jedoch durch, die Heckener gruben seine sterblichen Überreste aus und verscharrten sie erneut den kirchlichen Richtlinien entsprechend am Randbereich. So geht’s ja nun nicht!

Wildenburg_Manfred_Konrads_Heimatforscher
Woher das heute alles bekannt ist? Der Manscheider Heimatforscher Manfred Konrads hat über Jahrzehnte hinweg die Geschichte der Wildenburg ergründet und sich die Zeit genommen, dem ‚Glanzpunkt Eifel‘ die verschiedenen Inhaber der Herrschaft und noch vorhandene sowie verschwundene Gebäudeteile zu erläutern. Ihm macht so schnell niemand eine Kellnerei für eine Burg vor. „Ich habe hier die Volksschule besucht, bis 1952 das Jugendheim des Bistums Aachen eingerichtet wurde“, erzählt der 75-Jährige. Vieles wurde seitdem verändert und entspricht längst nicht mehr dem ursprünglichen Look & Feel einer schlichten, robusten Burganlage.
Die größten Eingriffe nahmen freilich schon die Mönche der Abtei Steinfeld vor, die die gesamte Herrschaft Wildenburg im Jahr 1715 für 40.000 Reichstaler erwarben. Sie benötigten keine Festung, verfüllten die beiden Gräben, bauten die Zugbrücken ab, rissen den Bergfried ein und bauten den Palas zu einer repräsentativen großen Kirche um. Was heute fälschlicherweise oft als Burg bezeichnet wird, diente als Sitz des Steuereintreibers, des Kellners. „Meine Motivation für die Erforschung der Burggeschichte waren die vielen Unrichtigkeiten in der bis dahin veröffentlichten einschlägigen Literatur“, begründet Konrads seine unermüdlichen Recherchen. „Auch heute wird viel Unsinn über die Wildenburg erzählt.“ Aber einiges davon macht sie eben auch so schön gruselig und in jedem Fall lohnenswert für einen Besuch.

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