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Michael Preute alias Jacques Berndorf
Michael Preute alias Jacques Berndorf

Dreis-Brück. Zum Abschluss unserer Singabende, die wir bei Freunden in der Nähe des Nürburgrings zwei-, dreimal im Monat abhalten, wünscht sich Michael Preute, alias Jacques Berndorf, immer „Lili Marleen“. Es erinnert ihn an den Krieg. „Ich kann keine Minute den Krieg vergessen“, bricht es im Interview aus ihm heraus. Der Krieg hat sein Leben entscheidend geprägt: Anfang des Zweiten Weltkriegs war er gerade drei Jahre alt, bei Kriegsende neun. „Aber dann ging der Krieg ja weiter: Der Kampf der Menschen wurde abgelöst vom Kampf um die Ressourcen.“ Eine Anspielung auf den „Kalten Krieg“.

Tabak muss sein für Michael Preute
Tabak muss sein für Michael Preute

Überhaupt benutzt Michael Preute gerne Metaphern – Sprachbilder. Das ist kein Wunder, weil Sprache bis vor zwei Jahren, als er das Schreiben aufgab, sein Beruf war. Den LeserInnen seiner Kriminalromane braucht man nicht zu sagen, dass es auch seine Berufung ist. Fast 20 Jahre arbeitete er als Journalist, für Quick, Spiegel, Stern, um nur die bedeutendsten Journale zu nennen. Journalist wurde er, weil es „ein weit gespreizter Beruf“ ist. Er schrieb ohne Verfolgung eines persönlichen Zieles, stellte die Realität aus seiner Perspektive dar, gab wieder, was er sah und hörte. Und als Gerichtsreporter hörte er viele schlimme Dinge, die ihn gleichwohl faszinierten, bekam er doch hautnah mit, wie „Verbrecher“ (das Wort setzt er in Anführungszeichen) auch immer Opfer ihrer jeweiligen Lebensumstände waren. In den Kriegen, die er als Reporter dokumentierte, insbesondere im Vietnamkrieg, sah er Grausamkeiten, die ihm heute noch Alpträume bescheren.

Auf Schlingerkurs zum Schreiben

Sein Weg zum Journalismus war nicht ein gerader: Im Gymnasium in Osnabrück, das er nach fünf Jahren schmiss, wollte Michael nicht länger „unnützes Wissen fressen“ – eine Erfahrung, die er auch in seinem Medizinstudium zum Kinderarzt machte, das er deswegen schon nach wenigen Semestern abbrach. Aber Schule hatte auch schöne Seiten: Im Internat, in dem er nach der Osnabrücker Gymnasialzeit lebte, fand er Freunde, die Schule „nicht so wichtig nahmen“ und lieber fröhlich lebten.

Michael Preute - berühmt durch seine Eifelkrimis
Michael Preute – berühmt durch seine Eifelkrimis

Michael war lange Zeit alkoholsüchtig, in bewundernswerter Weise steht er zu dieser schlimmen Phase seines Lebens. Seiner Meinung nach geraten Menschen nicht in die Sucht, sondern beim süchtigen Menschen bricht die Sucht aus, manche Menschen seien geradezu für eine Sucht „prädestiniert“. Natürlich sieht er auch andere Ursachen: Seine Trinksucht entstand aus Angst vor Versagen. „Alkohol macht mutig“, sagt er. Seit 41 Jahren ist er trocken; es macht ihm überhaupt nichts aus, an einem guten Schnaps zu riechen. Der Alkohol wird ihn nie wieder umhauen – eher schon die Revals, die er in Massen raucht.

Von München in die Eifel

Makaberes Andenken für den Krimiautor Jacques Berndorf
Makaberes Andenken für den Krimiautor Jacques Berndorf

Warum er aus der Großstadt München Anfang der 80er Jahre in die Eifel zog, frage ich ihn. „Die Eifel ist ein ruhiger Platz“, sagt er, „hier konnte ich endlich einmal in Ruhe schreiben.“ Man muss es eigentlich nicht erwähnen: Er ist der deutschlandweit meistgelesene Autor von Eifel-Krimis. Seine 22 Kriminalromane haben eine Auflage von über 7 Millionen erzielt. In ihnen schreibt er oft über hab- und sexgierige Charaktere. Solche Menschen sind nach Michaels Meinung Ausnahmen, im Allgemeinen empfindet er die Menschen als freundlich, aber es gebe „Querraster“, wie er sie als Gerichtsreporter erlebte.

Die Eifeler empfindet er zunächst als „wortkarg, zurückgezogen, spröde“. Im Gegensatz zu den Menschen in seiner Geburtsstadt Duisburg, in Osnabrück oder gar in München sind sie „keine lustige, weltoffene Stadtgeneration“, die auch „eine andere Welt kennt.“ Die Gründe dafür sieht er in den ärmlichen Verhältnissen, die die Eifel bis in die 70er Jahre hinein prägten. Seinen ersten Krimi (1989) betitelte er passenderweise mit „Eifel-Blues“. Wie in einem Blues, sagt Michael, geht es in der Eifel „langsam und getragen“ zu, aber die Eifeler können durchaus auch lebenslustig, „jubilierend“ sein. Michael erkennt in den letzten Jahren einen deutlichen Mentalitätswandel der Eifelbewohner. Sie würden weltzugewandter: „Das Bild wird heller“.

Michael Preute - Zeit zum Nachdenken
Michael Preute – Zeit zum Nachdenken

Michael ist jetzt 82 Jahre; seit einiger Zeit schreibt er nicht mehr, weil sein Augenlicht zu sehr geschwächt ist – er kann nur noch mit der Lupe lesen. Das Alter empfindet er als angenehm, weil es ihm Zeit zum Nachdenken gibt: „Ich hadere selten.“ Michael ist ein musikalischer Mensch im wahren Wortsinne: „Ich singe dauernd vor mich hin, von Kinderliedern bis zu einer Ode an meine Frau“ (Angelika), mit der er seit 18 Jahren verheiratet ist. Es ist seine vierte Ehe. Auch Geli singt gerne, besonders auch „Lili Marleen“… . ●

Text: Peter Struben
Fotos: Ralph Sondermann

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