TEILEN

In dem Blankenheimer Außenort Mülheim kennt man den alten silbernen Landrover, der auf den dörflichen Wegen unterwegs ist. Am Steuer sitzt zumeist der 80-jährige Rentner Herbert Reetz, der zu seinen Schafen unterwegs ist. Im Moment hat er viel zu tun: „Ich habe meine Schafe gestern auf eine andere Weide gebracht, die mit E-Schafszaun eingezäunt ist. Die Lämmer, die ja auch schon nicht mehr ganz klein sind, haben aber schnell herausgefunden, wo eine kleine Bodensenke ist, in der sie sich unter dem Zaun durchquetschen können. Auf der anderen Seite des Zauns ist das Gras immer besser! Und wenn erst einmal zwei, drei Lämmer durchgeschlüpft sind, folgt meist die ganze Herde.“ Daher guckt Herr Reetz meist morgens und abends, ob die Tiere noch brav auf der vorgesehenen Weide stehen, oder ob er wieder Löcher flicken, Draht ziehen oder neue Weidepfähle stecken muss.
Herbert Reetz, geboren und aufgewachsen in Mülheim, wäre gerne Schäfer geworden, machte aber auf Anraten des Vaters eine Schreinerlehre. Lange Jahre lebte und arbeitete er in Köln, bevor er als Rentner zurückkehrte in sein Heimatdorf. „Die Liebe zu den Schafen hatte ich schon als Jugendlicher. Wann immer es ging, war ich bei dem Schäfer in Blankenheim oder in Reetz“, erzählt er. „Schafe haben mich schon immer begeistert. Als ich mit meiner Familie noch in Köln lebte, habe ich in Hümmel bei meiner Schwägerin mit fünf Schafen angefangen. Die Schafe haben um das Haus herum das Gras abgefressen, und ich bin jedes Wochenende aus Köln hergefahren und habe mich gekümmert. Einmal habe ich ein verwaistes Lamm mit nach Köln genommen und bei uns mit der Flasche aufgezogen. Das war so zahm und anhänglich, dass ich mit ihm ohne Leine durch Köln-Porz spazieren gehen konnte“, berichtet Herr Reetz begeistert.
Bei diesen fünf Schafen blieb es aber nicht. Nach dem Rückzug nach Mülheim übernahm Herr Reetz ein ehemaliges militärisches Gelände – die „Ponderosa“ – als Stall- und Hofgelände für seine Schafe und Hühner. Er stellte auf Heidschnucken um. Diese sind zwar kleiner, aber dafür genügsamer und lammen nur einmal jährlich. Die Lämmer kommen im Frühjahr zur Welt und brauchen nur am Anfang etwas Betreuung. Inzwischen ist seine Heidschnuckenherde auf 30 Tiere angewachsen. „Ja, ich habe sogar mal zehn Tage einen Lehrgang bei einem Schäfer in der Lüneburger Heide gemacht und gelernt, den Tieren die Klauen zu schneiden und sie zu scheren. Das habe ich jahrelang selbst gemacht. In diesem Sommer ist zum ersten Mal ein Profi-Schafscherer gekommen. Ich kann das bei 30 Tieren nicht mehr selbst“, erzählt Herr Reetz.

Reetz-MülheimBMit seinem Sohn Reiner bewirtschaftet er inzwischen etliche Wiesenstücke in Hanglage oder unwegsamem Gelände. So versteppen und verbuschen die Flächen nicht, sondern das Gras wird kurz gehalten und kann nachwachsen. Diese Form der extensiven und hobbymäßigen Bewirtschaftung dürfte in den nächsten Jahren im Eifeler Höhengebiet immer wichtiger werden. Viele kleine Parzellen sind für die großen Erntemaschinen nicht mehr rentabel oder nicht mehr befahrbar.
Auch die Polizei ruft regelmäßig bei Herbert Reetz an, wenn wieder einmal irgendwo ein Ziegenbock oder ein paar Schafe auf der Straße laufen. Herr Reetz sammelt sie dann ein und nimmt sie mit zur „Ponderosa“, bevor die Suche nach dem Besitzer losgeht. „Zuletzt hat mich die Polizei mitten in der Nacht aus dem Bett geklingelt. Auf dem Forstwalder Hof, nahe der B 51, liefen 40 bis 50 Schafe. Die habe ich dann nachts von der Straße weggetrieben bis zur Tondorfer Binz. Am nächsten Morgen habe ich mich auf die Suche nach dem Besitzer gemacht, der den Verlust noch gar nicht bemerkt hatte.“  Menschen wie Herbert Reetz helfen mit, das Leben auf dem Land attraktiv und nachhaltig zu gestalten.

TEILEN