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Strauch radelt nach Strauch
Strauch radelt nach Strauch

Samstag, der 10. Juni 2017. Es ist 8.00 Uhr morgens, als sich acht Männer des Clubs Staubwolke Strauch bereit zu einer Fahrradtour machen. Soweit nichts Außergewöhnliches. Ihr Ziel: Strauch. Hier könnte man schon skeptisch werden, denn dies scheint doch eher eine kurze Route zu sein. Mitnichten! Denn DAS Strauch ist nicht etwa der Wohnort der Radler, son- dern liegt in 678 Kilometern Entfernung nahe Dresden. 5.819 Höhenmeter auf sechs Etappen, wovon die erste die härteste ist, müssen die Eifeler überwinden, um ihre Freunde im gleichnamigen Strauch in Sachsen zu besuchen. Wie die Deutsche Einheit jährt sich diese besondere Freundschaft zweier Orte mit gleichem Namen zum 27. Mal. Ein Ost-West-Denken hat es bei den Strauchern nie gegeben. Ein Deutschland, ein Strauch.

Die Dorffreundschaft ist einem schier unglaublichen Zufall zu verdanken, wie sich Hubert Breuer, Simmerather Bürgermeister a.D., erinnert: Es begann alles mit einem Luftballon mit Adressbriefchen. Dieser, im Westen auf die Reise gebracht, ließ sich im Jahr der Wende 1989 von der innerdeutschen Grenze nicht aufhalten und landete just im sächsischen Strauch. Gefunden wurde er damals von Hans Jörg Minsel, der ebenfalls überrascht war, was auf dem Briefchen stand. Im nördlichsten Winkel Dresdens hatte man noch nie vom gleichnamigen Strauch im tiefen Westen gehört. Der erste schriftliche Kontakt folgte samt Brief und einem Foto des Ortsschilds des sächsischen Strauchs. Nach dem Fall der Mauer fand der erste persönliche Besuch statt, als Hans-Jörg Minsel bei Bekannten in Düren war. Daraus entwickelte sich eine Dorffreundschaft mit abwechselnden Besuchen im Zweijahres-Rhythmus. Aber nicht nur auf offizieller Ebene. Neben vielen Freundschaften hat die Beziehung der Straucher auch zwei Ehepaare hervorgebracht. Kerstin, Hans-Jörgs Schwester, und Dirk Breuer, die beide in Sachsen, sowie Jeannine und Jörg Theis, die im Eifeler Strauch leben. Gegenseitige Besuche gibt es inzwischen viele, nicht nur die abwechselnden alle zwei Jahre stattfindenden.

Radtour von Strauch nach Strauch
Radtour von Strauch nach Strauch

Mit dem Rad fahren jedoch nur die Mitglieder von Staubwolke Strauch. Das hat im Laufe der Zeit so manche Anekdote hervorgebracht. „Einmal mussten wir eine Etappe bei strömendem Regen abbrechen und haben uns in den Vorräumen einer Sparkassenfiliale umgezogen, um die Tour mit dem Taxi fortzusetzen“, berichtet Hubert Breuer, der bei allen sieben Fahrradtou- ren ins sächsische Strauch dabei war.

Auch diesmal sind alle bestens gelaunt, gesund und munter, sogar ohne Regen bei ihren Freunden in Sachsen angekommen, wie Christof Breuer aus dem Eifeler Strauch betont. Bevor am 18. Juni die Heimreise anstand, wurde die außergewöhnliche Beziehung erstmal tüchtig gefeiert. Hier freut man sich schon jetzt, wenn in zwei Jahren der Gegenbesuch stattfindet. Dass diese Freundschaft noch lange bestehen bleibt, daran hat kein Straucher irgendeinen Zweifel, denn schließlich wird diese durch die Generationen und alle Altersklassen gepflegt. ●

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