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Die Strubens und ihr Sonnenhof in Schmidtheim
Die Strubens und ihr Sonnenhof in Schmidtheim

Dahlem-Schmidtheim. Wo sind sie nur geblieben, die „Rommele“? Wir Schmidtheimer Kinder zogen früher am Abend vor Allerheiligen mit einer ausgehöhlten Futterrübe, in die wir ein Gesicht geschnitzt hatten und die wir von innen mit einer Kerze beleuchteten, bei Dunkelheit durch das Dorf und sammelten Süßigkeiten ein. Wenn ich nun, mehr als 60 Jahre später, hier und in den anderen Dörfern der Gemeinde Dahlem um mich blicke: nirgendwo mehr Ackerflächen für Rüben, überall Weideland.

Ein Paar verwurzelt in der Landwirtschaft

Hans-Dieter Struben ist und war immer Landwirt und hat so die Veränderungen in der Landwirtschaft miterlebt und zugleich mitgestaltet. Als Kind half er, die zwei Kühe und die paar Schweine, die im Keller des elterlichen Hauses in der Gartenstraße, mitten im Dorf, untergebracht waren, zu versorgen. Beim Bau des Kellers goss der kleine Dieter jeden einzelnen Blockstein selbst in einer Form, die sein Vater, ein Schlosser, hergestellt hatte. Damals hatten fast alle im Dorf eine kleine Landwirtschaft nebenher. Die Kühe wurden im Frühjahr und Sommer vom „Küett“ (Kuhhirt) morgens auf den Gemeindeanger getrieben; abends kehrten sie wieder in die heimischen Ställe zurück. An vielen alten Häusern in den Eifeldörfern kann man noch gut die Aufteilung in Wohnhaus einerseits und Stall und Scheune andererseits erkennen: Man muss sich nur an den Garagentoren orientieren – das waren einst die Scheunentore, daneben befanden sich Stall und Wohnhaus.

Auch Gertrud, Hans-Dieters Frau, wuchs in einem bäuerlichen Elternhaus auf, in Nonnenbach. Als eines der wenigen Mädchen damals machte sie aber eine Lehre, und zwar in einem Blankenheimer Textilgeschäft. Bevor sie – sommers mit dem Fahrrad, winters zu Fuß – die fast acht Kilometer bis Blankenheim auf sich nahm, molk sie um halb sechs die Kühe. Ihr Vater war Vollerwerbslandwirt, nur: Was hieß das damals, nach dem Krieg bis Anfang der 60er Jahre, schon? Fünf Kühe, ein paar Schweine und etliche Hühner. Und als Waldbauer hatte er auch zwei Pferde, die ihm bei der Waldarbeit als Rückepferde und beim Einbringen der Ernte als Zugtiere dienten. Bei den meisten Nebenerwerbsbauern zogen sonst Kühe den Wagen. Die Familie baute – per Hand! – auf sechs Morgen (ein Morgen entspricht 0,25 Hektar, also 2.500 Quadratmeter) Kartoffeln zum Verzehr und Verkauf sowie Rüben und Hafer als Winterfutter für die Tiere an. Nachdem Tochter und Sohn „aus dem Haus“ waren, gab die inzwischen verwitwete Mutter den Hof auf.

Mit Förderung zum Aussiedlerhof

Anfang der 50er Jahre legte die Regierung ein Aussiedlerprogramm auf: Wer genügend Land besaß, konnte am Rande des Dorfes einen neuen, großen Hof gründen – die Kredite waren sehr günstig. In Schmidtheim entstanden so fünf Aussiedlerhöfe. Dieters Eltern nahmen die Gelegenheit wahr und bauten 1954 den „Sonnenhof“. Hans-Dieter war damals 12 Jahre und in der fünften Volksschulklasse. Natürlich musste er nach dem Unterricht mit anpacken. Das Land um den Hof herum war von Ginster zugewachsen, den sein Vater und er mit der Hacke „ausmachten“ und mit dem 20 PS-Lanz (den man oft noch mit einer Lötlampe auf Trab bringen musste, was manchmal einen ganzen Tag dauern konnte) umpflügten. Nach den üblichen acht Jahren in der Volksschule schlug er die Berufslaufbahn als Landwirt ein. Der Besuch der Berufsschule einmal in der Wo- che und der Landwirtschaftsschule im Winterhalbjahr war eine willkommene Abwechslung von der harten Feld- und Stallarbeit. Zudem gab es dort Mädchen…

Von 5 auf 100 Hektar

Mit 26 Jahren übernahm Hans-Dieter den Hof von seinem Vater. Damals waren sie noch Acker- und Viehbauern, hatten nur wenige Kühe, vielleicht 15 Stück, machten Heu, bauten Getreide und Kohlrabi an, so dass sie im Winter kein Futter zukaufen mussten. Anfang der 90er Jahre bewirtschafteten sie immer noch 20 Morgen Ackerland, aber dann sattelten sie allmählich auf Viehwirtschaft um. Gertrud, die mit Hausfrauentätigkeit und Versorgung der Kinder schon mehr als genug beschäftigt war, half immer mit auf dem Hof – melken, Versorgung der Kälber, und was sonst noch anstand. Beide arbeiteten 365 Tage im Jahr. Den ersten Urlaub – eine ganze Woche – konnten sie 1983 auf Mallorca genießen, weil die damals 18 bzw.19 Jahre alten Töchter sich um Tiere, Haus und Hof kümmerten.

Sohn Stefan, inzwischen Landwirtschaftsmeister, übernahm vor zehn Jahren den Hof als reinen Weidewirtschaftsbetrieb. Durch Pacht oder Zukäufe vergrößerte sich das Weideland auf heute 100 Hektar. Der Viehbestand ist jetzt auf 95 Milchkühe und 135 Rinder sowie 25 Kälber angewachsen. Die Kühe sind in der warmen Jahreszeit auf der Weide, im Winter im Stall; das Hauptfutter ist Gras- und – genmittelfreie – Maissilage.

Gertrud und Hans-Dieter beziehen seit der Übergabe des Hofes beide eine Landwirtschaftsrente. Dass auch Bauern krankenversichert sind, dafür hat Hans-Dieter in vielen landwirt- schaftlichen Gremien gekämpft. „Moh moss sech jo nötzlich maache“ – in diesem Sinne haben sich beide, selbstverständlich ehrenamtlich, jahrzehntelang für das Gemeinwohl eingesetzt. Auch diese Eigenschaft macht sie zu typischen Vertretern ihrer Generation in der Eifel. ●

Text: Peter Struben
Fotos: Ralph Sondermann

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