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Schäfer Werner Kulling aus Alendorf arbeitet mit seiner Schafherde aktiv im Landschaftsschutz

Text & Fotos: Glanzpunkt Eifel-Mitarbeiterin Regine Grümmer

Es ist kalt, nass, der Boden aufgeweicht, Schneeschauer wechseln mit ein paar Sonnenstrahlen ab. Für Schäfer Werner Kulling kein Grund, bei einer Tasse Kaffee im Haus zu bleiben. Bei jedem Wetter, an jedem Tag und fast zu jeder Uhrzeit guckt er nach seinen Schafen. Mit seiner Frau Irene, ca. 600 Bentheimer Landschafen, ebenso vielen Lämmern, sieben Hunden und zwei Pferden lebt er auf einem Aussiedlerhof inmitten der geschützten Wacholderhänge in Alendorf. Das Ehepaar Kulling teilt sich die Arbeit auf. „Jetzt im Winter haben wir die Schafe im Stall“, erzählt Herr Kulling. „Hier auf dem Hof leben die alten Mutterschafe und die Mütter mit Zwillingen. Die brauchen mehr Futter und mehr Betreuung. Für diese Hofschafe ist meine Frau zuständig. Der größte Teil unserer Herde lebt am Ortsrand in einem großen Stall. Es ist die Halle einer ehemaligen Fabrik, die wir zu einem Stall umgewandelt haben. Nach diesen Tieren schaue ich täglich.“ Und danach schauen bedeutet: Tiere beobachten, kranke Tiere bemerken, Klauen ausschneiden, lammende Tiere aussortieren. Wenn das Wetter gut ist, dürfen die Schafe am Nachmittag ein wenig an die frische Luft auf eine nahe Wiese. In dieser Zeit wird neues Raufutter auf die einzelnen Stationen verteilt. Erst Anfang April verlässt die Herde den Winterstall endgültig und zieht auf die Wiesen rund um Alendorf.
Die Eheleute Kulling kommen eigentlich aus dem Schwabenland. Dort, auf der Alb, gibt es noch viele große herumziehende Schafherden. Werner Kulling stammt aus einer Bauernfamilie und schlug erst einen anderen beruflichen Weg ein. Bald wurde ihm aber klar, dass er ohne Tiere auf die Dauer nicht leben wollte und konnte. So erlernte er den Schäferberuf und legte 1993 auch die Meisterprüfung ab. „Nach und nach stellten wir unsere eigene Herde auf. Aber jede Schafherde braucht auch große Weideflächen. Die sind in Baden-Württemberg rar, hier in der Eifel war man aber schon seit langer Zeit auf der Suche nach einem Schäfer samt Herde“, erzählt Werner Kulling. „So sind wir im Frühjahr 1987 samt unseren Schafen hier angekommen.“ Seine Schafe sind also echte Landschaftspfleger im Auftrag der Unteren Landschaftsbehörde. Sie sind für die Wachholderhänge unverzichtbar. Die Schafe erhalten mit ihrem Abweiden des Grases die Artenvielfalt der Pflanzen und Blumen auf dem nährstoffarmen und kalkhaltigen Boden.
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In unserer heutigen automatisierten westlichen Welt, in der gesteigerter Wert auf Erlös, Effizienz, Schnelligkeit und Technik gelegt wird, mutet der biblische Beruf des Schäfers eher antiquiert an. Und doch lebt ein Schäfer so, wie es sich viele gestresste Büromenschen erträumen: In und mit der Natur, in enger und vertrauter Gemeinschaft mit seinen Tieren, eigenverantwortlich und ungebunden. Dabei darf man nicht vergessen, dass ein Schäfer weder Sonntage noch Urlaub kennt und sich dem Rhythmus der Natur und damit der Arbeit anpassen muss.
Kein Schäfer arbeitet ohne Hunde. Sie sind die treuen „Angestellten“, ohne die die Arbeit mit den Schafen nicht zu schaffen ist. Gute Hütehunde sind teuer und begehrt. Die Eheleute Kulling bilden ihre nicht reinrassigen Hütehunde selbst aus. „Wann die Ausbildung beginnt, hängt von dem Hund ab. Mit dem einen fangen wir spielerisch schon mit drei Monaten an, ein anderer muss erst reifer und mutiger werden“, so Herr Kulling. „Gute Hütehunde sind unverzichtbar, um im Sommer die Herde zusammenzuhalten und umzutreiben. Im Winter haben die Hunde eher frei und träumen von der Sommerarbeit. Ein Hütehund braucht eine Aufgabe zum Glücklichsein!“ Derzeit gehören sieben Hunde zum Schäferbetrieb, darunter auch „Rentner“ und „Jugendliche“.

Den Eheleuten Kulling merkt man die Liebe zu ihren Tieren an. Ältere Mutterschafe werden besonders betreut, zahme Tiere mit Namen gerufen und gekrault. „Josef“, ein kastrierter ungarischer Zackelschafbock, lebt ebenso in der Herde wie ein zugelaufenes Mufflon. Das Mufflon (Muffelwildschaf) hat sich gegen ein Leben in Freiheit und für ein Leben bei Familie Kulling und den Bentheimer Landschafen entschieden. Wenn das kein Qualitätsbeweis für den Betrieb ist!

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