TEILEN
Haus Ternell m Hohen Venn
Haus Ternell m Hohen Venn

„O schaurig ist’s, übers Moor zu gehn.“ Diese Zeile aus Annette von Droste-Hülshoffs Ballade „Der Knabe im Moor“ stimmt so wohl nicht mehr. Früher ja, da waren Moore unheimlich und bedrohlich. Wer sich dort verirrte und im Sumpf steckenblieb, verlor nicht selten sein Leben. Heute geht die Gefahr allerdings eher vom Menschen auf das Moor aus. Deswegen sind nur noch einige Teile des Hochmoorgebietes Hohes Venn, Belgiens größtem Naturschutzgebiet und in seiner Größe einzigartig in Mitteleuropa, frei zugänglich. Mittendrin, wenige Kilometer hinter der Grenze, liegt an der N67, die Mon- schau mit Eupen verbindet, das Naturzentrum Ternell. Das ehemalige Forsthaus ist seit 1999 ein von der Wallonischen Region anerkanntes regionales Zentrum für Umweltpädagogik. Die Wallonie bezuschusst 11 dieser Zentren, Ternell ist das einzige auf dem Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

Christian Lesuisse, Haus Ternell
Christian Lesuisse, Haus Ternell

Seit 2010 ist Christian Lesuisse Geschäftsführer dieser Oase, „dem schönsten Arbeitsplatz der Welt“, wie er sagt. „Eine unserer ganz großen Aufgaben ist es, Kindern Umwelt- und Naturthemen näherzubringen“, erklärt Lesuisse und freut sich, dass der private Trend zu mehr Natur- und Umweltbewusstsein im Haus Ternell spürbar ist. „Die Natur ist im Kommen. Unsere Freizeitangebote sind schnell ausgebucht.“ Es gibt von Pädagogen entwickelte Programme für Schulklassen aller Jahrgangsstufen, aber auch Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche: Naturlager mit selbsterrichtetem Dorf, Themen-Kindergeburtstage, Schatzsuche und Geologie für Kids. Wer die Natur schon früh hautnah und mit allen Sinnen erlebt, wird nie vergessen, wie schützenswert sie ist. Das Haus Ternell geht natürlich mit gutem Beispiel voran: Es ist energieautark. Mit Photovoltaikanlage, Blockheizkraftwerk und Stromgenerator Jugendliche nehmen an einer Laborklasse teil versorgt es sich selbst mit Strom und Wärme.

Für alle Naturfreunde bietet Haus Ternell Ausbildungen, Seminare, Vorträge und geführte Wanderungen an. Fast jedes Wochenende ist etwas los rund um das Haus Ternell – und zwar zu allen Jahreszeiten. Allein schon die Titel der Themenwanderungen sind spannend: „Der Biber bibbert nicht“, „Von Krötenstühlen und Hexenringen“, „Wie Sie sehen, sehen Sie nichts“. Wer es grundlegend haben will, kann im Haus Ternell an verschiedenen Ausbildungen teilnehmen: Imkerkurs, Pilzlehrschule, Wildkräutergrundkurs oder Diplom-Naturführerkurs. Die theoretische und praktische Ausbildung zum Naturführer wird von Spezialisten in den einzelnen Fachbereichen durchgeführt. Ist das Diplom erst mal in der Tasche, können die Absolventen nicht nur vor Ort interessierte Naturfreunde durch die schönsten Landschaften führen.

Hohes Venn, Haus Ternell
Hohes Venn, Haus Ternell

Wer lieber auf eigene Faust unterwegs ist, kann das natürlich auch. Die Wanderwege sind bestens gekennzeichnet, das Netz wird gerade – wie auch diesseits der Grenze – zum Knotenpunktsystem aktualisiert. Kein Wanderer sollte versäumen, das Arboretum zu besuchen: ein toller, verwunschener Baum-Garten, in dem die unterschiedlichsten Baumarten stehen und erklärt sind. Das Hohe Venn in klein kann ebenfalls betrachtet werden. Es gibt so wahnsinnig viel zu entdecken rund um das Haus Ternell, am besten machen Sie das einfach mal selbst. Spätestens beim Tag der Offenen Tür am Sonntag, den 10. September von 11 bis 18 Uhr. Und vielleicht haben Sie danach sogar Lust, das Zentrum zu unterstützen und sich im Freundeskreis einzubringen. Christian Lesuisse und sein Hohes Venn würden sich freuen.

Fotos: Ralph Sondermann
Text: Claudia Träger

TEILEN