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Im Café International Monschau hilft u.a. Inge Theissen in allen Lebenslagen.
Im Café International Monschau hilft u.a. Inge Theissen in allen Lebenslagen.

Der freundliche, aufgeschlossene junge Mann, den ich heute treffe, ist 32 Jahre alt, hat eine Tochter, ist gelernter Mechatroniker, wohnt in Monschau-Imgenbroich und pendelt täglich nach Aachen. Das ist erstmal nicht ungewöhnlich. Francis Luigi Yeboa hat gerade ein Praktikum im Krankenhaus absolviert und möchte eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger machen. Ja, und? Berufliche Umorientierung ist doch gar nicht so selten. Aber Francis stammt aus Ghana, hat die Familie zurücklassen müssen und ist erst seit zwei Jahren in Deutschland. „Ich bin über Italien nach Dortmund und dann nach Imgenbroich gekommen“, erzählt er. Vom Amt wurde er auf das Café International Monschau (CIM) aufmerksam gemacht, ohne dessen Hilfe Francis und viele weitere Migranten und Geflüchtete nach Ankunft in der neuen Heimat gleich wieder verloren gewesen wären.

Die Initiative existiert seit 1991 und ist seit Mitte des Jahres ein eingetragener, gemeinnütziger Verein mit der Vorstandsvorsitzenden Gabriele Palm. „Mit einem Pfarrfest fing alles an“, erinnert sich die langjährige Leiterin des CIM, Inge Theißen. Und mit Umar Jaji, der 1989 als 34-Jähriger aus Nigeria nach Deutschland kam. Heute ist er zufällig mal wieder im Café. Fürs Foto wäre er jetzt aber nicht vorbereitet, scherzt der Familienvater. „Du musst dir erst noch die Haare machen, richtig?“, neckt Inge Theißen zurück und deutet auf seinen „Kurzhaarschnitt“. Sie darf das. Die beiden kennen sich seit 1990, sind im und mit dem CIM schon durch dick und dünn gegangen.

Jeden Montag trifft ishc das Café International Monschau im Pfarrheim Imgenbroich
Jeden Montag trifft ishc das Café International Monschau im Pfarrheim Imgenbroich

Ein Wohnzimmer zum Zusammensein

Am Montagnachmittag geht es im Pfarrheim Imgenbroich, dem Treffpunkt für AsylbewerberInnen, MigrantInnen und ihre HelferInnen, insgesamt fröhlich und turbulent zu. Es wird sich herzlich begrüßt, gelacht, Billard und Kicker gespielt. „Wir sind keine Beratungsstelle, wir sind eher ein Wohnzimmer, in dem wir uns über Probleme und den Alltag austauschen“, kommentiert Vera Rupp-Franksen, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des CIM, den freundschaftlichen Umgangston. Zwei kleine Mädchen sind auf dem Schoß ihrer Mütter mit buntem Spielzeug beschäftigt. In der kleinen Küche kocht jemand Kaffee und Tee, sofort bekomme ich auch eine Tasse angeboten, es wird Kuchen und Gebäck gereicht. „Kuchen esse ich ja schon mal,“ verrät mir Francis lachend, „aber sonst bin ich bisher bei der ghanaischen Küche geblieben.“ Auch in seiner internationalen Wohngemeinschaft kocht jeder, was er am liebsten von zu Hause mag. Das kann ich verstehen: Ein bisschen Heimatgeschmack in der Ferne tut gut. Und beim gemeinsamen Kochen im Café profitieren alle von der Rezeptvielfalt.

HelferInnen für alle Lebenslagen

Verschiedene Sprachen schwirren durch das bunte Treiben und ich fange Wortfetzen auf, die sich um Wohnungssuche, Deutschkurse, Öffnungszeiten und Ansprechpartner drehen. Die MitarbeiterInnen des Café International helfen engagiert bei der Suche nach Arbeit, Wohnungen, Kleidung und Mö- beln, vermitteln geduldig zwischen Behörden, Schulen, Kindergärten, Ärzten, Rechtsanwälten, unterstützen bei gesundheitlichen Problemen und Arztbesuchen. Die Hilfesuchenden könnten altersmäßig die Kinder oder Enkel sein. Stellt der Altersunterschied nicht ein weiteres Hindernis in der Verständigung zwischen Einheimischen und Migranten dar, frage ich Vera Rupp-Franksen. „Nein, überhaupt nicht. Es funktioniert wahrscheinlich nur so. Die meist jungen Leute haben Respekt vor uns und unserer Erfahrung“, sagt sie.

Ein starkes Team im Café International Monschau: Francis Luigi Yeboa und Vera Rupp-Franksen
Ein starkes Team im Café International Monschau: Francis Luigi Yeboa und Vera Rupp-Franksen

Vom Deutschkurs zur Ausbildungsstelle

Die wohl wichtigste Voraussetzung für eine gelungene Integration ist die gemeinsame Sprache. Deutschkurse bietet auch das Café International in Zusammenarbeit mit der VHS Südkreis Aachen an. Francis hat die „harte Schule“ von Vera Rupp-Franksen durchlaufen und spricht sehr gut deutsch. Ich kann mir und ihm ersparen, mein eingeschlafenes Englisch hervorzukramen. Derzeit fährt Francis täglich mit dem Bus nach Aachen, um dort seinen Hauptschulabschluss zu machen, der ihm den Einstieg in die deutsche Arbeitswelt eröffnen soll. Sein Ziel ist klar, seine Begründung einfach. „Ich möchte im Krankenhaus arbeiten, um kranken Menschen zu helfen“, sagt er. In Eigeninitiative besorgte er sich ein Praktikum im Bethlehem Gesundheitszentrum Stolberg und hofft nun auf eine Ausbildungsstelle. Mit der Eifel hatte er sich sofort angefreundet: „Mir gefällt die Landschaft und das Wetter. Schnee gibt es in meiner Heimat nicht und bei Kälte muss man sich eben warm anziehen“, sagt er pragmatisch. Bedrückt wird er allerdings, als ich frage, was er denn in der Eifel vermisst: „Meine Familie!“

Gesucht: Vermieter von Wohnungen

Das schon mehrfach ausgezeichnete CIM hat wie Francis auch noch einiges vor, z.B. Integrationskurse anzubieten. Vera Rupp-Franksen macht sehr klar: „Wir sind verpflichtet, zu helfen, zu unterstützen, wo es geht. Wir müssen den Neuankömmlingen die Möglichkeiten aufzeigen, die es gibt. Sie selbst können sich anfangs nicht gut allein zurechtfinden. Wie auch?“ Zurzeit sucht das CIM Vermieter von kleinen Wohnungen oder Wohnungen mit mehreren einzelnen Zimmern, um zwischen ih-nen, dem Jobcenter und den meist jungen Männern, die ein neues Zuhause suchen, zu vermitteln. Da drücken wir doch beiden, Francis und dem CIM, für ihre Pläne ganz, ganz fest die Daumen.

Text und Fotos: Claudia Träger

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