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Zünftige Zusammenkunft vor dem Ratskeller am Marktplatz

Der Wenkbüggel ist wieder da – aber seine Tage sind gezählt. Oder doch nicht?

Nideggen
Wenn zehn leidenschaftliche Karnevalisten sich zusammenschließen, um den traditionellen Karneval wieder attraktiver zu machen, kann dabei nur etwas sehr, sehr Lustiges herauskommen. Und wenn zudem alle mehr oder weniger der Eifeler Mundart mächtig sind, ist das Resultat ganz höchstwahrscheinlich „op platt“. So treibt der Wenkbüggel, hochdeutsch Windbeutel, seit ein paar Jahren zwischen November und Februar in Nideggen sein Unwesen. Sein Leben ist kurz, aber intensiv. Und irgendwie hat er es bisher immer wieder geschafft, Auferstehung zu feiern. Im vergangenen November verfolgten die begeisterten Zuschauer im Mundartschwank „Dä Wenkbüggel em Himmel“, warum der Wenkbüggel wieder nicht im Himmel bleiben konnte und zur Erde zurückgeschickt
wurde.

Matthias Büchel, Lothar Claßen, Franz-Josef Brandenburg

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Loblied auf den Wenkbüggel Freut euch des Lebens,
der Wenkbüggel es jetz be ons an de Macht!
Bes Aischermettwoch witt et Diër jejach.
Dä Kiaerl, der es jo net kleen zo kreen, der höpp von eenem op dat angere Been.
Von dem, do könne mir liere wie me Fastelovend fiere.
Freut euch des Lebens,
der Wenkbüggel es jetz be ons an de Macht!

Melodie: Freut euch des Lebens – Text: Detlef Leisten

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Veilchendienstag: Das Enk vom Büggel
Außerhalb der Session ist es Matthias Büchel, der mit seinen Geschichten dem Wenkbüggel das Leben immer wieder einhaucht. Er ist einer der zwölf Wenkbüggelzunft-Brüder und -Schwestern, die mit voller Absicht kein Verein, sondern eine „lose und für jeden offene Gruppe“ sind, wie Zunftbruder Franz-Josef Brandenburg betont. Verstärkung und Nachwuchs sind jederzeit willkommen. Brandenburg höchstpersönlich, ach nein, in seiner Rolle als Gottvater natürlich, hatte dem Wenkbüggel, gespielt vom Karnevalsurgestein Lothar Claßen, den Zutritt zum Himmel verweigert. Gott sei Dank, kann man da nur sagen. Sonst gäbe es das zünftige Spektakel am Veilchendienstag (13. Februar 2018) gar nicht. Dann nämlich wird der Wenkbüggel, der am Rosenmontag „von sengem Pröttel“ fällt und „janz eenfach duut“ ist, von den Mitgliedern der Zunft durch Nideggens Stadtkern getragen. Unter Wehklagen vieler Trauergäste wird er, dann als selbst gebastelte männliche Strohpuppe, zum Marktplatz begleitet, wo er schlussendlich unter der Linde verbrannt wird. Da fließt besonders bei den „Fraulück“ manche Träne. Warum wohl?

Da brennt er – der Wenkbüggel!

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Das Ende vom Wenkbüggel
Am Mondaach jenk hä fiere, der Fastelovendsjeck,
on leet sich vell traktiere. Op eemol wor et su weck.
Er feel von sengem Pröttel on wor en jruuße Nuut.
Dat wor dat Enk vom Büggel, er wor janz eenfach duut.
Refrain: Jetz litt de ahle Büggel he op däm Maat em Füür.
Dat letzte Türche jestern dat wor wohl jett ze düür.
Auszug aus: Moritat vom Wenkbüggel

Melodie:
Bolle reiste jüngst zu Pfingsten – Text: Matthias Büchel

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Der Wenkbüggel tilgt alle Sünden
Wie seine Verwandten Nubbel, Zacheies, Lazarus und Paijasist der Wenkbüggel an allen Verfehlungen während der „tollen Tage“ schuld. Der Nideggener Sündenbock hat aber noch mehr auf dem Kerbholz. Bevor er in Flammen aufgeht, wird er auch für allerlei lokalen bis regionalen Unfug schuldig erklärt: die Baustelle, die viel zu lange dauerte, das Gemeindeprojekt, bei dem zu viel Geld verschwendet wurde, das Stadtfest, das ins Wasser fiel. Das Gewissen rein gewaschen, kann es so natürlich ausgelassen zum Leichenschmaus in den Ratskeller gehen. Ävver opjepass! Nicht, dass jemand ebenfalls vom Hocker fällt. Die geballte Wenkbüggel-Leidenschaft in personae Franz-Josef Brandenburg, Matthias Büchel und Lothar Claßen hat uns schon verraten: Der Wenkbüggel kommt zurück. Der dichtende Zunftbruder Büchel sprüht schon wieder über vor Ideen für einen neuen Schwank, der beweist, dass der sündige Kerl nicht totzukriegen ist.

Autorin: Claudia Träger
Fotos: Ralph Sondermann; privat

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