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Christine und Günter Runge betreiben die Eifel-Film-Bühne
Christine und Günter Runge, die Betreiber der Eifel-Film-Bühne

Hillesheim. Die Zeiten, als Günter Runge noch „Vorprogramm“ war, sind ja nun lange vorbei. Als Junge amüsierte der Hillesheimer im Kino seiner Eltern, in Lederhosen und mit „Tirolerhut“, immer mal wieder das Publikum, das auf den Beginn der Vorstellung wartete. Er flitzte die elf Grad schräge Neigung des Saales rauf, er flitzte runter – die Zuschauer hatten ihren Spaß und Günter Runge auch. „Ja, ich bin eigentlich im Kino geboren, hin- ter dem heutigen Vorführraum war das Schlafzimmer meiner Eltern“, lacht Runge, der zum Einen ein TV- und Hifi-Fachgeschäft führt, im Vorderhaus, aber dahinter, im Anbau von 1949, mit seiner Frau Christine seit 27 Jahren ein Programmkino – die Eifel-Film-Bühne. Zwar begann die von Günter Runges Eltern 1943 in einem Saal des Kleinstädtchens begonnene Tradition mit einem nationalsozialistischen Monumentalfilm. Aber seit 75 Jahren sind solche Filme mit Sicherheit im Programm nicht mehr zu erwarten und das Kino feiert ein völlig unideologisches Jubiläum.


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verlosung@glanzpunkt-eifel.de 
Einsendeschluss: 30. November 2018


Jetzt muss man sich das Hillesheimer Kino nicht als sterilen Vorführraum für Viele vorstellen. Stattdessen herrscht im Saal mit den 221 Sitzplätzen – aus Holz sind die gepolsterten Stühle im Parkett und in der abgetrennten kleinen Loge – noch ganz der Charme der 1950er Jahre. Die Wände sind mit Stoff bespannt, und auch die Eintrittspreise erinnern an früher: 7 Euro für den Hauptfilm ohne Überlänge, 6 für das „Kino am Nachmittag“, 5 für „KiK“ – das Kinderkino. Für großstädtische Kinogänger unvorstellbar günstig.

Gefeiert wird erst „75 Jahre plus 1“

Christine Runge, gebürtige Gerolsteinerin, die „ins Kino eingeheiratet hat“, sitzt im kleinen, gelb angestrichenen Kassenhäuschen im Foyer der „Eifel-Film-Bühne“ und lacht gut gelaunt: „Ich habe eigentlich immer Filme im Kopf“, so die 64-Jährige. Auch im Jubiläumsjahr, das die „Eifel-Film-Bühne“ allerdings als „75 Jahre plus 1“ erst 2019 würdigen will. Christine Runge führt hinauf zum Projektionsraum. Das ist ja alles nicht selbstverständlich. 1991 waren die Zuschauerzahlen auf 6000 im Jahr gesunken. Was tun? Runges investierten in neue Technik, Bestuhlung, eine neue Leinwand – und das Konzept eines „Programmkinos in der Provinz – kein Provinzkino“. Da ist Christine Runge energisch. 2011 dann der nächste Schritt: Die Umstellung auf Digitaltechnik. Hätte die „Eifel-Film-Bühne“ dafür nicht Mittel aus der Filmförderung erhalten, das 75-jährige Bestehen wäre vermutlich nicht erreicht worden.

Günter Runge im Vorführraum der Eifel-Film-Bühne
Günter Runge im Vorführraum der Eifel-Film-Bühne: Ein Klick genügt

Heute sind Filmrollen im Vorführraum nur noch romantische Erinnerung an die Vergangenheit. Stattdessen programmiert Christine Runge über die Software das Tagesprogramm und disponiert: 13 Vorstellungen sind es pro Woche. Ein ambitioniertes Kurzfilmprogramm, das Nachmittags- und Kinderprogramm, Dokumentarfilme gehören dazu. Oft sind in Hillesheim Filme im Programm, die es erst wieder in Programmkinos in Köln, Aachen oder Trier zu sehen gibt. Mainstream-Action-Streifen überlässt Christine Runge gerne Anderen.

Gute Filme für das liebe Publikum

„Wenn die Kinder einfach laut loslachen bei ihrem Film, das ist für mich das Schönste“, meint Runge, während sie wieder hinter der Tür mit dem Schiebefenster ihres kleinen, gelb ge- strichenen Kartenhäuschens verschwunden ist. Dann fühlt sie sich an ihre eigene Kindheit im damaligen Kino ihrer Heimatstadt Gerolstein erinnert. Jetzt ist aber gleich Einlasszeit für die nächste Vorstellung. „Ich mag zum Beispiel Filme, die Menschen zeigen, die neue Wege gehen. Gute Unterhaltung jenseits der Hau-Drauf-Bums-Adrenalin-Streifen. Filme, die zum Widerspruch herausfordern, die kritisch Position beziehen.“ Eine Einschränkung gilt bei der Auswahl immer: Es müssen gut gemachte Filme sein. Deshalb fährt sie zur Leipziger Filmkunstmesse oder zur Berlinale: Sie sichtet, und wählt dann aus, was nach ihrem Bauchgefühl ein guter Film für ihr „liebes Publikum“ sein könnte, wie sie die vielen treuen Fans aus einem Umkreis von bis zu 50 Kilometern im gedruckten monatlichen Programmleporello begrüßt.

Preise wie früher - Ticketverkauf in der Eifel-Film-Bühne
Ticketverkauf in der Eifel-Film-Bühne – hier bedient die Chefin selbst.

Und was mag ihr Publikum? Die Cineastin – anders kann man ihre Leidenschaft fürs Kino nicht beschreiben – muss trotz mehr als 4.000 gezeigter Filme seit 1991 nicht lange überlegen: „Zum Beispiel gut gemachte Komödien wie ‚Toni Erdmann‘, oder Dokumentarfilme zur Landwirtschaft. Filme, die nahe an der Lebenswirklichkeit unserer Zuschauer sind, laufen oft gut.“ Einer der erfolgreichsten Filme in der Hillesheimer „Eifel-Film-Bühne“ verbindet einiges von dem, was sie meint, mit Überraschendem: „Das war zum Beispiel ‚Die mit dem Bauch tanzen‘“. Ein Dokumentarfilm über eine Frauenbauchtanzgruppe aus der Nordeifel. „Wir hatten am Startabend bundesweit die besten Besucherzahlen.“ Art-House-Kino war das nicht – aber gut gelaunt, schräg und authentisch. Das mochte ihr Publikum, und die Fachfrau freute sich.

Finanzielle Unterstützung muss sein

Das alles – auch die vielen Sonderveranstaltungen wie „Kino Vino“, Filme zum Weltfrauentag, Schulkino-Wochen, aber auch das Krimiautoren-Lesespektakel „Happy Kadaver“ an Fronleichnam – wäre ohne finanzielle Unterstützung des Landes und des Bundes allerdings bei allem Idealismus des Betreiber-Ehepaares Runge doch nicht machbar. Genauer sind es seit vielen Jahren regelmäßig Preise für das Jahresprogramm. „Die aber nicht automatisch kommen, die müssen wir uns immer wieder neu verdienen“, betont die inoffizielle Filmbeauftragte der Region.

Und auch wenn ihr Kino schon so oft ausgezeichnet wurde – ein Garant für guten Besuch ist das natürlich nicht. Im vergangenen Rekordsommer waren auch viele der „Eifel-Film-Bühne“-Fans lieber am See, im Biergarten oder beim Grillabend. Da kam vielleicht auch nur Einer oder Eine, der oder die ins schöne alte Kino wollte. Christine Runge hat aus dem Kassenhäuschen die Eintrittskarte verkauft. „Wir zeigen den Film auch für Einen oder Eine. Selbstverständlich! Würden wir es nicht tun – er oder sie käme doch nie wieder.“ ●

Text: Stefan Lieser
Fotos: Ralph Sondermann

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