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Marie Reiners: Blick und Geist schweifen lassen
Marie Reiners: Blick und Geist schweifen lassen

Marie Reiners braucht erst mal noch einen zweiten Kaffee aus ihrer Lieblingstasse. Am Abend zuvor war sie in Hillesheim für ihre Lesung im Café Sherlock, bei der sie ihren ersten Kriminalroman dem Eifeler Publikum vorstellte. „Die Lesungen machen unheimlich Spaß, sind aber auch anstrengend. So in der Öffentlichkeit zu stehen – ich weiß noch nicht so ganz, wie ich das finden soll. Es ist auf jeden Fall eine neue Erfahrung“, sagt sie. Das Schicksal von DrehbuchautorInnen: Sie bleiben meist im Hintergrund, so erfolgreich sie auch sind. Und das ist Marie Reiners. Die Eifel, nein, ganz Deutschland, hat ihr ganz besonders Sophie Haas, Bärbel Schmied, Heike und Dietmar Schäffer zu verdanken, also die Fernsehserie, die längst Kultstatus erreicht hat: „Mord mit Aussicht“. Marie Reiners hat die mehrfach ausgezeichnete Krimiserie erfunden und die ersten 16 Folgen geschrieben.

Marie Reiners
Marie Reiners

Im Frühjahr hat sie ihr erstes Buch veröffentlicht: „Frauen, die Bärbel heißen“. In diesem Kriminalroman mit tiefschwarzem Humor geht es um die Tierpräparatorin Bärbel Böttcher, deren skurrile Welt durch einen Leichenfund im Wald aus den Fugen gerät. „Ich mag den Namen Bärbel“, erklärt Marie Reiners die Namensfindung. „Er ist in seiner Verniedlichung von Barbara so schön absurd. In Barbara steckt ja eigentlich die Bedeutung „wild“. Außerdem ist der Name vom Aussterben bedroht.“ Auch wenn die Handlung nicht ausdrücklich in der Eifel spielt, Bad Münstereifel hat schon irgendwie Pate für die Kleinstadt, an deren Rande Bärbel wohnt, gestanden.

Die Komik aus Stadt trifft Eifel

Seit 2005 lebt Marie Reiners teilzeit in der Eifel, ein Drittel der Zeit in Köln. „Ich war schon als Kind oft in der Eifel. Meine zwei Großtanten hatten hier ein Ferienhaus, Modell Spessart II. Und so sah es auch aus. Wir haben dann an gleicher Stelle neu- gebaut.“ Ein rotes Holzhaus am Ende der Straße. Ein „Schwedenhaus“, wie es eine Dorfbewohnerin bezeichnete, als sie es – Rollator schiebend – zum ersten Mal begutachtete. Schweden sei weit weg, hatte sie nachdenklich ergänzt… Ja, stimmt. Marie Reiners liebt diese trockene Selbstverständlichkeit, die einem als Städter in der Eifel manchmal entgegenprallt. „Nicht wundern, da liegt ein totes Pferd auf eurer Wiese“, wurde sie ein anderes Mal gewarnt. Nein, da wundert man sich gar nicht, wenn man „zugezogen“ ist. Diese Komik ist es auch, die bei „Mord mit Aussicht“ den Geschmack der ganzen Nation trifft – immer noch vergeht kaum ein Abend, an dem nicht in irgendeinem „Dritten“ eine Folge zu sehen ist. Der Schmelztiegel Eifel mit Einheimischen, Aussteigern, Touristen führt zu so manchem Missverständnis oder Schnitzer hier, einer kleinen Grenzüberschreitung da. Marie Reiners hat den Witz dieser Situationen treffsicher umgesetzt. Auch Sophie Haas tritt mit ihrer großstädtischen Arroganz in so manches Fettnäpfchen der Provinz.

Marie Reiners
Marie Reiners

Luxuriöser Ausflug ins Genre Roman

Geboren und aufgewachsen ist Marie Reiners in Mönchen- gladbach-Rheydt und schon während des Germanistik- und Theaterwissenschaften-Studiums in Köln schrieb sie fürs Fernsehen. Alles Nichts Oder, Die Dirk-Bach-Show, Der kleine Mönch, Morden im Norden sind nur einige der Produktionen, zu denen sie das Drehbuch lieferte. „Ich kann in der Eifel noch besser schreiben als in Köln. Zur Zeit arbeite ich u.a. an einem zweiten Teil für „Bärbel““, erzählt sie. „Mein Beruf ist und bleibt aber Drehbuchautorin. Die Romane sind ein schöner und luxuriöser Ausflug in ein ganz anderes Handwerk. Es ist mir fast schon etwas unheimlich, dass der Verlag mit dem Wunsch nach einem Kriminalroman auf mich zugekommen ist. Es ist ja normalerweise eher umgekehrt.“

Marie Reiners
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Die Eifel ist für Marie Reiners „einer der schönsten Flecken, die wir in Deutschland haben.“ Unprätentiös, idyllisch und un- gemein inspirierend. Verdientermaßen erlebe die Region in den letzten Jahren einen Aufschwung. Sicher hat auch „Mord mit Aussicht“ die Eifel noch ein bisschen bekannter und liebenswerter gemacht. Und was ist für Marie Reiners der schönste Platz in der Eifel? „Ich habe das Glück, dass ich an meinem Lieblingsplatz wohne und arbeite. Abends sogar mit Sonnenuntergang.“ Jetzt ist auch klar, wie sie auf den Titel der Krimiserie kam. Die Aussicht ist wirklich beeindruckend: Freie Sicht auf Berge, Wiesen und Wälder, so weit das Auge reicht.

Fotos: Ralph Sondermann
Text: Claudia Träger

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